Aus der Konserve Günter Gall gibt es nicht nur live, sondern auch auf CDs. Zu seinem Doppeljubiläum hat der Musiker das Album „… und reisen quer durch die Zeit“ veröffentlicht. Nach dem Konzert in der St.-Anna-Kapelle schrieb er auf Wunsch Widmungen in die Booklets. Auch andere CDs und Bücher wurden am Sonntag verkauft. Alles Weitere zu Günter Gall findet man auf der Internetseite:
www.guenter-gall.de
Rund 20 Frauen und Männer hatten sich trotz des wunderschönen Sonnenwetters aufgerafft und waren der Einladung des Vereins als Veranstalter gefolgt. Sie sollten es nicht bereuen: Günter Gall nahm seine Zuhörer mit auf eine muntere Reise durch 50 Jahre Gall’scher Musikgeschichte. Und Literatur-Geschichte. Denn die ist bei dem gebürtigen Ossenberger (er wuchs in der Solvay-Siedung an der Zollstraße auf) genauso wichtig wie die Musik. Erich Kästner, Joachim Ringelnatz, Hanns Dieter Hüsch, Mascha Kaléko, Georg Herwegh, Francois Villon – Gall ließ unterschiedliche Dichter, Poeten und Literaten zu Wort kommen. Seine Lieder trug er mal mit der akustischen Gitarre, auf der er feine Arrangements sicher darbot, mal mit Ukulele vor. Gall wäre aber nicht Gall, wenn er nicht auch ein paar Spezial-Instrumente in seinem Koffer gehabt hätte. So entlockte er zwei Holzlöffeln kunstvoll Rhythmen, mal blies er die Maultrommel oder die Mundharmonika, mal imitierte er Blasinstrumente oder eine Geige mit dem Mund. Ein echter Tausendsassa. Zwischendurch flirtete er charmant mit dem Publikum, erzählte Anekdötchen und lud zum Mitsingen und -summen ein.
Vieles von dem, was Gall besang, sind Beschreibungen einer lang zurückliegenden Zeit. Das Ringelnatz-Gedicht „Rheinkähne“ trug er vor und ließ einen Rhein-Song folgen. Sein altes Lied vom „Schereschliep“ (Scherenschleifer) begleitete er, indem er ein Messer über einen Wetzstein strich. Schön auch das Regenlied, eine Vertonung der Worte des Rheinberger Heimatdichters Otto Haus. In seiner Anfangszeit orientierte sich der Liedermacher noch an irischen Songs etwa von den Dubliners. Aus dem Klassiker „Fiddler’s Green“ machte er einen plattdeutschen Abstecher ins Land der Fiddler. An die Revolutionszeit um 1848 erinnerte „Leicht Gepäck“ mir der berühmten Zeile „Ich bin ein freier Mann und singe“. Nicht minder packend ein Lied der Verweigerung namens „Der Deserteur“.
Aus Galls Programm zu 200 Jahren Fahrrad-Historie (von 2017) stammte unter anderem das durch den Niederländer Herman van Veen bekannt gewordene und von Ralph McTell komponierte „Hey kleiner Fratz auf dem Kinderrad“. Zwischen den Liedern stellte Günter Gall – mal mit schwarzer Mütze, mal mit gelbem Südwester auf dem Kopf – sein Talent als Rezitator unter Beweis. Dann trug er ernste wie leichte Gedichte mit ausdrucksstarker Mimik und klarer Stimme vor.
Galls liebenswerte Liedermacherei tat gut an diesem Sonntag im März. Heinz-Willi Coopmann brachte es am Ende treffend auf den Punkt: „Das war eine schöne Stunde“, sagte er. „Lieber Günter, zu deinem 80. Geburtstag in fünf Jahren kannst du gerne wiederkommen.“